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Religiöse Institutionen

Wozu dienen religiöse Institutionen? Welche immanenten Schwächen haben religiöser Institutionen? Was hat das für Folgen? Wie könnten mögliche Ansätze zur Kompensation der Schwächen aussehen?

Inhaltsverzeichnis

Die Aufgaben religiöser Institutionen

Religiöse Institutionen bilden ein wichtiges Bindeglied zwischen einer Religion und ihren Anhängern. Sie definieren das Glaubenssystem, die Verhaltensnormen und die Rituale; sie organisieren die Glaubensgemeinschaft, betreuen ihre Mitglieder und stellen entsprechende Infrastrukturen bereit. Oft sind sie auch ausserhalb der Gemeinschaft sozial aktiv. Im Idealfall unterstützen sie ihre Mitglieder in ihrem spirituellen Wachstum. Die religiösen Institutionen sind ein zentrales Element der gelebten Religion und als solches wichtig für deren Fortbestehen. 

Die immanenten Schwächen religiöser Institutionen

Das Grundmuster ist in allen Religionen ähnlich: Aus ersten informellen Gemeinschaften um die Religionsstifter wurden im Laufe der Zeit grosse Bewegungen, die durch teilweise machtvolle Institutionen repräsentiert und zusammengehalten werden.

Solange die Religionsstifter lebten, konnten sie das richtige Verständnis ihrer Lehren kontrollieren und die Geschicke der Gemeinschaft leiten. Mit ihrem Tod fiel diese wichtige Leit- und Korrektivfunktion weg, die verschiedenen Gemeinschaften entwickelten sich nach einer eigenen Dynamik weiter – nicht immer gemäss den Vorgaben der ursprünglichen Lehre.

Die heute bestehenden religiösen Institutionen entstanden meist in längeren, nicht immer friedlich ablaufenden Prozessen, begleitet von Richtungskämpfen und Schismen (Abspaltungen). Die Differenzen gehen zum einen auf die unterschiedliche Interpretation der durch die Begründer vermittelten Lehren zurück. Eine weitere, wesentliche Ursache für Richtungskämpfe dürften jedoch persönliche Kämpfe um Macht, Status, Privilegien und ökonomische Ressourcen sein.

Religiöse Institutionen haben deshalb eine Tendenz zu den folgenden immanenten Schwächen: 

Menschliche Schwächen

Religiöse Institutionen sind, wie jede andere Institution auch, durch die Menschen geprägt, die in ihnen tätig sind. Auch wenn in jedem Menschen im Innersten ein guter (göttlicher) Kern und viel guter Wille stecken mag, so sind Menschen doch sehr verschieden und machen immer wieder Fehler, sind egoistisch, ängstlich, eifersüchtig, stolz, gierig, machtbesessen oder geistig unflexibel. Dabei erschweren blinde Flecken und Stolz die Einsicht in eigene Schwächen. Die Repräsentanten religiöser Institutionen sind davon  nicht ausgenommen.

Das ist insofern ein Problem, als religiöse Institutionen oft den Anspruch erwecken, ‚das Gute‘ in der Welt zu verkörpern. Einem solchen Anspruch kann aber keine menschliche Institution gerecht werden. Um zu hohe Selbstansprüche zu verschleiern, werden Schwächen und Fehlverhalten verdrängt oder vertuscht – mit teilweise fatalen Folgen, wie z.B. die jüngste Geschichte der Katholischen Kirche zum Thema ‚Missbrauch‘ zeigt. 

Die institutionelle Dynamik

Religiöse Institutionen sind soziale Systeme. Als solche schaffen und reproduzieren sie sich aus sich selbst heraus und schaffen für ihre Teilnehmer eine eigene Realität (» Was ist Realität?).

Einmal etablierte Glaubenssysteme verändern sich kaum mehr

Ist ein Glaubenssystem mit seiner Theologie, seinen Dogmen und seinen Verhaltensregeln einmal festgelegt, so verändert es sich nur noch langsam. Es wird von religiösen Exponenten in der Regel nicht mehr in Frage gestellt, auch wenn es aus praktischen und ethischen Überlegungen eigentlich schon lange angepasst gehörte. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an das von der Katholischen Kirche verhängte Verbot der Empfängnisverhütung, der Verweigerung der Sakramente an Geschiedene und Wiederverheiratete sowie die auch in anderen Religionen weit verbreitete religiös begründete Diskriminierung von Frauen. 

Gruppendynamische Effekte

In diesem Zusammenhang spielen verschiedene gruppendynamische Effekte eine zentrale Rolle: Wer innerhalb der Institution ein grundlegendes Dogma offen in Frage stellt, gefährdet nicht nur seine (Macht-)Position, sondern setzt unter Umständen seine Existenz aufs Spiel. Dazu gibt es in der Katholischen Kirche viele Beispiele, darunter bekannte Namen wie Eugen Drewermann oder Hans Küng. In anderen Kirchen und Religionen dürfte es ähnlich aussehen. 

Spirituell reife Menschen sind weniger dogmatisch, werden aber oft ausgegrenzt

Die Vertreter eines offenen Religionsverständnisses sowie die spirituell reiferen Mitglieder, in der Regel die Mystiker, werden oft als Abweichler oder Häretiker ausgegrenzt oder gar verfolgt, denn sie bilden eine Gefahr für die etablierten Macht- und Denkstrukturen sowie für die damit verbundenen persönlichen Privilegien. Eines der berühmtesten Beispiele dafür ist Jesus Christus selbst, der durch seine essenzielle Lehre der Liebe und Barmherzigkeit das alt-jüdische System von Regeln und Dogmen radikal in Frage stellte. Das Beispiel zeigt auch exemplarisch auf, was es zuweilen braucht, um etwas zu bewegen: nämlich den Einsatz des eigenen Lebens. Viele der sich heute auf Jesus Christus berufenden institutionellen Repräsentanten haben eine augenfällige Ähnlichkeit mit den in den Evangelien beschriebenen Sadduzäern und Pharisäern, die Ihn letztlich ans Kreuz gebracht haben. 

Würde Jesus Christus heute mit der Katholischen Kirche konfrontiert, würde er vermutlich einiges ändern wollen. Es ist nicht auszuschliessen, dass Jesus Christus als Ketzer aus seiner eigenen Kirche exkommuniziert würde.

Das ‚Peter-Prinzip‘ in religiösen Institutionen

Beförderung bis zur Inkompetenz

Das Peter-Prinzip besagt, vereinfacht ausgedrückt, dass ein Mitarbeiter so lange befördert wird, bis er oder sie das Niveau seiner Inkompetenz erreicht hat. Das Prinzip gilt nicht nur für Unternehmen und Verwaltungen, sondern auch für religiöse Institutionen. 

Was bedeutet das für religiöse Institutionen?

Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu untersuchen, wer sich innerhalb eines institutionellen Machtgefüges, wie z.B. der Kurie in Rom, mit welchen Einstellungen, Fähigkeiten und Methoden durchsetzt. Es ist zu vermuten, dass sich in vielen Fällen nicht die integersten, fähigsten und spirituell reifsten Menschen durchsetzen, sondern die ehrgeizigen, macht- und sendungsbewussten Taktiker, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort stehen und die ‚richtige‘ Ideologie vertreten, oder wenigstens nichts ‚Falsches‘ sagen. 

Die möglichen Folgen

Wie die konstant hohe Zahl an Kirchenaustritten zeigt, können die Folgen der immanenten Schwächen religiöser Institutionen eine Religionsgemeinschaft langfristig in ihrer Existenz gefährden.

Fokus auf (nicht mehr zeitgemässe) Dogmen

Der Kern jeder Religion ist die gelebte Spiritualität, d.h. Aufbau und Pflege der inneren Verbundenheit mit dem Absoluten. Um diese Verbundenheit herzustellen und zu erhalten, mögen eine gewisse Sichtweise der Dinge (Auslegung der Schriften) und das Einhalten von gewissen Regeln (Dogmen) bis zu einem gewissen Grad hilfreich sein. Sowohl die Lehrsätze als auch die Regeln sind jedoch immer nur Mittel zum Zweck und zudem abhängig von Zielgruppe und äusseren Umständen. Beides verändert sich im Laufe der Zeit.

Nur ein spirituell reifer und geistig fortgeschrittener Mensch ist in der Lage, die Essenz seiner Religion immer wieder neu auf die vorherrschende Kultur und die aktuellen Umstände herunterzubrechen. Das würde bedingen, dass solche Menschen in religiösen Institutionen auch das entsprechende Gewicht erhalten. Dies ist meistens nicht der Fall. Solche Menschen werden im Gegenteil oft geächtet, wenn nicht gar verfolgt. Beispiele dafür sind z.B. die Einkerkerung des Heiligen Johannes vom Kreuz durch seinen eigenen Orden oder die Verfolgung von Sufis in Saudi Arabien und Pakistan durch salafistisch geprägte Fundamentalisten. 

Religiöse Inhalte werden durch äussere Formen ersetzt

Institutionalisierte Religionen haben die Tendenz, in der Vergangenheit einmal festgesetzte Auslegungen, Dogmen und Riten absolut zu setzen und damit die äussere Form höher zu gewichten als den inneren Gehalt. Sie laufen damit Gefahr, den eigentlichen Kern ihrer Religion aus den Augen zu verlieren und die ursprüngliche Lehre nicht mehr in ihrer vollen Tiefe zu verstehen.

Ein extremes Beispiel dafür sind gewisse islamistische Gruppierungen, die Barbarei religiös legitimieren und damit die Religion in ihr Gegenteil pervertieren. Nicht der geistige Aufstieg und die Erlösung im Paradies werden so erreicht, sondern geistige Degeneration und kultureller Niedergang. 

Eine verflachte bzw. nicht existente Spiritualität

Dort wo der Fokus zu sehr auf Theologie, Regeln und Aktivitäten in der Aussenwelt gerichtet ist, besteht die Gefahr, dass der eigentliche Kern der Religion, die Spiritualität zu kurz kommt. Die Reformierte Kirche des Kantons Zürich z.B. hat dies bereits vor vielen Jahren erkannt und eine Zeit lang einen katholischen Priester als Spiritual beschäftigt. 

Leere Kirchen

In einer durch Säkularisierung und mediale Transparenz geprägten Zeit ist die Toleranz der Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft gegenüber institutionellen und inhaltlichen Schwächen beschränkt – es gibt viele Alternativen.

In wirtschaftlichen Begriffen ausgedrückt bieten die christlichen Kirchen zwar ein ‚Produkt‘ an, das in seinem nachhaltigen ‚Konsumentennutzen‘ kaum mehr zu überbieten ist: den Weg zum ‚Reich Gottes‘ – zu nachhaltigem Lebensglück und zur Erlösung. Leider verkaufen die Kirchen dieses ‚Produkt‘ aber so schlecht, dass die ‚Stammkunden‘ scharenweise davon laufen und neue ‚Kunden‘ kaum zu gewinnen sind. 

Fazit

Die immanenten Schwächen religiöser Institutionen auf der einen und extreme Formen der Religionsausübung auf der anderen Seite prägen das aktuelle Bild von Religion in der Öffentlichkeit. Es ist deshalb kein Wunder, dass Religionen heute vielfach als unzeitgemässer Aberglaube ohne jeden praktischen Nutzen angesehen werden und sich ein religiöser Mensch zunehmend als rückständig vorkommen muss. 

Verkrustete religiöse Institutionen gefährden nicht nur den Fortbestand der eigenen Religion, sondern sie fügen dem Ansehen von allem, was mit Religion und Spiritualität zu tun hat, grossen Schaden zu. Viele Menschen ziehen es aufgrund dieses negativen Zerrbildes von Religion gar nicht mehr in Erwägung, sich überhaupt mit dem Thema zu befassen. Sie berauben sich damit aber auch der Möglichkeit, vom Segen einer gelebten Spiritualität zu profitieren.

Soll sich Religion in die Politik einmischen?

Wie weiter oben dargestellt, ist die primäre Aufgabe religiöser Institutionen die Unterstützung der Mitglieder auf ihrem (spirituellen) Lebensweg durch das Angebot von religiöser Bildung, seelischer und sozialer Betreuung sowie die Durchführung von Gottesdiensten, Gebeten und anderen Riten.

Eine religiöse Institution agiert dabei in einem spezifischen sozialen und politischen Kontext. Wenn sie Rückhalt in der Bevölkerung haben möchte, kann sie diesen Kontext in ihrer Tätigkeit nicht ganz ausblenden. Ein gewisses soziales Engagement auch ausserhalb der eigenen Gemeinschaft ist deshalb oft nicht nur aufgrund der eigenen Philosophie geboten, und es stärkt auch die Glaubwürdigkeit der Institution. Positives Beispiel dafür sind die verschiedenen, von religiösen Gruppierungen betriebenen sozialen Institutionen.

Zwischen einem vollen Rückzug vom weltlichen Geschehen und einer dominierenden Einflussnahme auf dasselbe besteht jedoch ein breites Feld von Zwischenstufen: 

Politisch-soziales Engagement

Verschiedene Repräsentanten von christlichen Kirchen argumentieren beispielsweise, dass Gottesliebe und die Zuwendung zum Nächsten untrennbar miteinander verbunden seien und damit sowohl tätige Nächstenliebe als auch politische Stellungnahmen im Wesen der Kirche lägen. Als positives Beispiel dafür werden Dietrich Bonhoeffer und die Bekennende Kirche angeführt, die sich den Nationalsozialisten entgegengestellt hätten. Aktuelle Themen für ein politisches Engagement der christlichen Kirchen sind Flüchtlingshilfe, Umweltschutz, Gleichberechtigung, Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Im Extremfall kann es zu Ungehorsam gegenüber dem Staat kommen, z.B. in Form eines ‚Kirchenasyls‘ für abgewiesene Flüchtlinge und Migranten. 

Aktive Einmischung in die Politik

Neben politischen Stellungsnahmen ist auch die Einsitznahme in politische Gremien, die offizielle Unterstützung einer Partei bzw. einer Regierung oder gar gesetzgeberische Kompetenz denkbar. Bekannt ist z.B. die nationalistisch gefärbte Klüngelei zwischen der Orthodoxen Kirche in Russland und in einzelnen Balkanstaaten mit den dortigen Machthabern. 

Bildung eines sog. Gottesstaates

Im Extremfall kann das politische Engagement von religiösen Repräsentanten die Form eines ‚Gottesstaates‘ annehmen. Die religiösen Führer bestimmen die politischen Führer, diese wiederum schützen und unterstützen die religiösen Institutionen und deren Repräsentanten. Religiöse und weltliche Macht legitimieren sich so gegenseitig.

Religiöse Exponenten haben in diesem Kontext einen prägenden Einfluss auf die politische Agenda. Es gibt keine Trennung zwischen Kirche und Staat, zwischen weltlichem Recht und religiösen Vorschriften. Man spricht in diesem Fall von einer ‚Theokratie‘.

Die praktischen Erfahrungen mit theokratischen Systemen in Vergangenheit und Gegenwart zeigen, dass es sich dabei in aller Regel um totalitäre Systeme handelt. Die Freiheit der Menschen ist durch verschiedene religiös legitimierte Vorschriften stark eingeschränkt. Kritische Äusserungen werden scharf sanktioniert. Erfahrungsgemäss sind Länder mit einer engen Verflechtung von Religion und Politik weder gesellschaftlich, wirtschaftlich noch technologisch sehr erfolgreich. Das aktuell bekannteste Beispiel dafür ist der Iran. In Saudi Arabien versucht die weltliche Macht gerade, sich von der religiösen Umklammerung etwas zu befreien. 

Fazit

Es stellt sich nun die Frage, inwieweit sich eine religiöse Institution in das politische Geschehen einbringen soll bzw. wo das gesunde Mittelmass liegt. Es ist fraglich, ob es eine primäre Aufgabe des Klerus sein sollte, sich ins alltagspolitische Tagesgeschäft einzumischen oder die Welt retten zu wollen. Die Erfahrung zeigt, dass die eigene Begrenztheit negierende Rettungsversuche am Ende oft mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Wo Religionsarbeit aufhört und Politik anfängt, ist freilich nicht immer scharf abgrenzbar. Letztlich muss jede Glaubensgemeinschaft für sich entscheiden, ob sie es zulassen will, dass ihre Exponenten im Namen der ganzen Gemeinschaft politische Erklärungen abgeben oder politische Machtpositionen anstreben. 

Im Grundsatz sollten religiöse Institution über den Parteigrenzen stehen und für Menschen aus unterschiedlichen Parteien ansprechbar und als geistliche Bezugsgrösse dienen können. Politische Akteure und Gaukler gibt es mehr als genug auf dieser Welt. Integre Persönlichkeiten sowie glaubwürdige Institutionen, die in erster Linie das geistig-seelische Wohl ihrer Mitglieder im Auge haben, sind dagegen zunehmend Mangelware. Insofern sollten sich religiöse Institutionen im Zweifelsfall aus der Politik eher heraushalten und sich auf ihren spirituellen Kernauftrag fokussieren.

Mögliche Ansätze

Menschliche und damit auch institutionelle Schwächen sind auf unserer Welt leider nicht zu vermeiden. Sie sind eine zu akzeptierende Realität. Es ist jedoch wichtig, sich dieser Schwächen bewusst zu sein und kompensatorische Mechanismen einzurichten (Checks and Balances).

Es stellt sich nun die Frage, wie der Staat und die Institutionen auf der einen und die spirituell Suchenden auf der anderen Seite am besten mit der Situation umgehen. 

Staat

Kirche und Staat sollten grundsätzlich getrennt sein. Formal anerkannte und mit dem Staatswesen verknüpfte Religionen sollte es nicht mehr geben (Trennung von Kirche und Staat).

Der Staat müsste im Gegenteil von allen Religionsgemeinschaften die Einhaltung gewisser Standards einfordern, wie z.B. die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, die Anerkennung der Religionsfreiheit sowie volle finanzielle Transparenz.

Anstatt einer formalen, mit Privilegien verbundenen Anerkennung sollte eher eine Registrations- und Informationspflicht für Religionsgemeinschaften ab einer zu definierenden Anzahl Mitglieder eingeführt werden. 

Institutionen

Verkrustete religiöse Institutionen aufzubrechen ist eine grosse Herausforderung. Es ist mit grossen Widerständen, nicht nur von Seite der Exponenten der entsprechenden Institutionen, sondern auch von vielen Gläubigen zu rechnen, die in einem spezifischen Glaubenskontext aufgewachsen sind und darin Halt und Orientierung finden.

Eine Veränderung ist vermutlich nur von innen denkbar, am schnellsten vermutlich durch eine charismatische Führungsperson mit viel Rückhalt unter den Gläubigen und einem hohen Mass an institutioneller Macht, wie dies z.B. Papst Franziskus verkörpert. Diese Konstellation birgt allerdings auch erhebliche Risiken, wenn die Führungsperson nicht über die notwendige geistige Reife verfügt oder sich durch ihre Macht korrumpieren lässt.

Die regelmässige Supervision von religiösen Exponenten sollte deshalb ebenso institutionalisiert werden, wie die systematische Arbeit an sich selbst, z.B. in Form einer begleiteten spirituellen Schulung und Praxis (z.B. Exerzitien). Regelmässige mehrwöchige Rückzüge zu persönlicher Reflexion, Gebet und Meditation sollten während der ganzen Laufbahn eines religiösen Exponenten Pflicht sein (auch bei den Reformierten). Es sollte nicht möglich sein, Priester zu werden und auch zu bleiben, ohne durch einen persönlichen Transformationsprozess gegangen zu sein und diesen Prozess ständig weiterzuführen. 

Spirituell Suchende

Für die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft kann der folgende Ratschlag von Buddha hilfreich sein:

„Akzeptiert und glaubt meine Worte nicht nur deshalb, weil ich sie gesprochen habe. Seid wie ein Goldkäufer, der es schneidet, brennt, und sein Produkt kritisch auf seine Echtheit hin überprüft. Akzeptiert nur, was den Test besteht und sich sinnvoll und wohlbringend für euer Leben erweist.“