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Definition des Begriffs Religion

Bild von Geralt auf Pixabay
Eine allgemein gültige Definition des Begriffs Religion existiert nicht. In der Wissenschaft unterscheidet man einen funktionalistischen und einen substanzialistischen Religionsbegriff. Während ersterer auf die gesellschaftliche Funktion einer Religion fokussiert, bildet letzterer eine Basis für ein spirituell-mystisches Verständnis von Religion.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs ‚Religion‘ existiert nicht. In der Wissenschaft wird der Ausdruck von zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten her betrachtet und definiert, dem funktionalistischen und dem substanzialistischen Religionsbegriff. 

Funktionalistischer Religionsbegriff

Fokus auf die soziale Funktion einer Religion

Der Begriff „Religion“ wird über ihre soziale Funktion definiert. Der Ansatz besagt, dass Religion für das Individuum und die Gesellschaft eine prägende Rolle spielt und diese mitgestaltet. Emile Durkheim hat den Begriff „Religion“ wie folgt definiert:

„Religion ist ein solidarisches System von Überzeugungen und Praktiken, die sich auf heilige Überzeugungen und Praktiken beziehen, die in einer moralischen Gemeinschaft, die Kirche genannt wird, alle Personen vereint, die ihr angehören.“

Das Phänomen Religion wird über seine Funktion für den Einzelnen bzw. für die Gesellschaft definiert. Eine bekannte funktionalistische Religionsdefinition stammt von Clifford Geertz:

„Religion ist ein Symbolsystem, dessen Ziel es ist, starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und Motivationen im Menschen zu erzeugen, indem Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung formuliert werden, die mit einer solchen Aura von Faktizität umgeben werden, dass die Stimmungen und Motivationen vollkommen der Realität zu entsprechen scheinen.“ 

Anwendung in Religionssoziologie und Religionswissenschaften

Der funktionalistische Religionsbegriff wird hauptsächlich in der Religionssoziologie und der Religionswissenschaft genutzt. Der universitären Ausbildung von Religionswissenschaftlern liegt meist ein funktionalistischer Religionsbegriff zugrunde (Religionswissenschaftliches Seminar der Universität Zürich):

„Religionswissenschaftler stellen keine religiösen Fragen, sondern beschäftigen sich mit Religion als kulturellem, historischem und sozialem Phänomen. (…) Das Studium der Religionswissenschaft soll eine Studentin oder einen Studenten dazu befähigen, Religion und Religionen auf der Grundlage geistes- und sozialwissenschaftlicher Methoden als bedeutsamen Faktor sozio-kultureller Kommunikation in Geschichte und Gegenwart zu analysieren und zu interpretieren.“

Diskussion: Religion wird bei diesem Ansatz schwergewichtig als kulturelles, historisches und soziales Phänomen betrachtet. Es geht in dem Ansatz nicht darum, den innersten Kern von Religion zu verstehen, sondern bloss darum, den kulturellen, historischen und sozialen Kontext auszuleuchten. Falls man das Absolute (Gott) nicht per se ausschliesst, greift der Ansatz aber zu kurz, denn er kratzt bloss an der Oberfläche des Phänomens Religion. 

Substanzialistischer Religionsbegriff

„Die Erscheinungen sind nur zu untersuchen um des Wesens willen, das ihnen zugrunde liegt, und im Blick auf dieses. Man darf nie an der äußeren Schale hängen bleiben, sondern muss überall hindurchbohren zum Kern der religiösen Erfahrung; von den feststehenden Formen (Kultformen und Dogmen) müssen wir zum unmittelbaren religiösen Leben vordringen.“

Friedrich Heiler, Erscheinungsformen und Wesen der Religion, Stuttgart: Kohlhammer, 1979, 14-21.

Auseinandersetzung mit dem Transzendenten

Das Phänomen Religion wird über seinen Inhalt und seine Merkmale definiert. Eine verbreitete substanzialistische Definition ist diejenige von Gustav Mensching:

„Religion ist erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen.“

Religion ist demnach ein Phänomen, das das Heilige, Transzendente oder Absolute zum Wesen hat. Religion wird als eine Auseinandersetzung des Menschen mit dieser transzendenten Macht erklärt.

Diskussion: Es gibt Religionen, wie z.B. den Buddhismus, wo Begriffe wie „heilig“ oder „transzendent“ eher nicht verwendet werden, ja die sich bis zu einem gewissen Grad sogar als atheistisch verstehen. Eine zu eng gefasste substanzialistische Religionsdefinition könnte deshalb zu einem Ausschluss von als Weltreligionen anerkannten Bewegungen führen. Zudem wird beim substanzialistischen Religionsverständnis die in allen Religionen zentrale soziale Funktion ausgeblendet.

Das Religionsverständnis in der Mystik

Aus der Perspektive der Mystik ist der substanzialistische Religionsbegriff vorzuziehen, denn Mystik ist per Definition die Suche nach einer direkten und erfahrbaren Beziehung zum Absoluten.