Wie wir als Konsumenten die wirtschaftliche Dynamik prägen
Unternehmen bieten nur das an, was sich auch verkaufen lässt
Um zu überleben, müssen Unternehmen ihre Produkte verkaufen können. Verkaufen können sie nur Produkte, die der Markt auch nachfragt, d.h. für die eine ausreichende Anzahl Abnehmer bereit ist, den gewünschten Preis zu bezahlen. Um nachgefragt zu werden, müssen die Produkte zudem über die notwendigen Eigenschaften (Leistung, Funktionalität, Qualität, etc.) verfügen.
Sind die Konsumenten nicht bereit, für ein qualitativ hochstehendes Produkt den notwendigen Preis zu bezahlen, wird es auch nicht angeboten.
Unternehmen müssen ihre Kosten decken können
Ein Unternehmen kann nur überleben, wenn es seine Produkte kostendeckend und mit einem angemessenen Preis-Leistungsverhältnis anbieten kann. Ein Unternehmen muss deshalb seine Kosten im Griff haben. ↑
In der Praxis bedeutet dies oft prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse mit Löhnen, die trotz sehr langen Arbeitszeiten kaum für das Notwendigste reichen, gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen, nicht existierenden Sozialversicherungen und oft genug auch einer verschmutzte Umwelt.
Beispiel Fleischproduktion
Selbst in Mitteleuropa werden Produkte unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt. Ein gutes Beispiel dafür ist die gesamte Fleischproduktion. Die Tiere werden, oft völlig legal, in Grossmästereien unter erbärmlichen Verhältnissen zusammengepfercht gehalten. Anschliessend werden sie oft in industriellen Schlachthöfen durch niedrigst entlöhnte Arbeitskräfte zu Fleisch verarbeitet. Fühlende Lebewesen werden somit auf eine blosse Sache reduziert, gedankenlos getötet und anschliessend ebenso gedankenlos konsumiert – Hauptsache das Schnitzel ist billig. Der ganze Prozess ist ein würdeloses Trauerspiel und schwer mit ethischen Grundsätzen vereinbar. Wer als Konsument solches Billigfleich konsumiert, macht sich mitschuldig an diesen Zuständen. Siehe dazu » Beitrag aus der NZZ (pdf). ↑
Die wirtschaftliche Dynamik führt zu einem Rückkoppelungseffekt
Die Folgen der ‚Geiz ist Geil‘ Mentalität
Die fehlende Zahlungsbereitschaft der Kunden für qualitativ hochwertige Produkte sowie der Kostendruck schafft einen Anreiz, möglichst viel Arbeit in den Niedriglohnsektor bzw. in Schwellenländer auszulagern (» Globalisierung).
Wenn in der Folge in Europa oder in den USA wegen mangelnder Auslastung eine Fabrik geschlossen werden muss, werden als erstes die Arbeiter und Angestellten entlassen, die sich für ihre begrenzten Gehälter möglichst viel leisten möchten und dabei die Dynamik mitprägen, die sie letztlich ihren Arbeitsplatz kostet.
Wir prägen als Konsumenten die Bedingungen, unter denen die Produkte hergestellt werden
Wir müssen uns als Konsumenten bewusst werden, dass wir über unser Konsumverhalten einen grossen Einfluss auf die Dynamik der globalisierten Wirtschaft haben – zum Guten wie zum Schlechten.
Wer ein ganz oder teilweise in einem Entwicklungs- oder Schwellenland hergestelltes Produkt kauft, muss sich bewusst sein, dass er/sie damit ein System unterstützt, wo sowohl die Arbeitnehmer als auch die Umwelt wesentlich schlechter gestellt sind als in Europa.
Einmal abgesehen von der Beihilfe zu Umweltverschmutzung und Ausbeutung anderer Menschen, üben wir damit indirekt auch einen Druck auf die eigenen Lebens- und Arbeitsbedingungen aus (Umwelt- und Sozialdumping).
Keine Produkte mehr aus Entwicklungs- und Schwellenländern zu kaufen, ist jedoch auch nur bedingt eine gute Lösung, denn es hängen in diesen Ländern viele Arbeitsplätze von der Exportwirtschaft ab. ↑
Was können wir tun?
Als Konsumenten sollten wir versuchen, möglichst verantwortungsbewusste Konsumentscheide zu fällen:
Herkunft der Produkte
Jedes Produkt muss eine Herkunftsbezeichnung haben
Per Gesetz müssen alle Produkte eine Herkunftsbezeichnung aufweisen („made in …“). Anhand dieser Bezeichnung kann sich ein Konsument bewusst für oder gegen eine Herkunft entscheiden. ↑
Herkunftsbezeichnungen sind nicht immer aussagekräftig
Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Herkunftsbezeichnung nicht bedeutet, dass der gesamte Produktionsprozess im angegebenen Herkunftsland abläuft. Gemäss aktueller Schweizer Rechtsprechung muss für einen Hinweis auf Schweizer Herkunft der schweizerische Wertanteil an den Herstellungskosten lediglich 50% betragen, wobei der wichtigste Fabrikationsprozess in der Schweiz stattgefunden haben muss. Die Regelung ist schwer zu kontrollieren und lässt einen erheblichen Ermessensspielraum zu. Die ausgewiesene Herkunft der Produkte hat also nur eine beschränkte Aussagekraft. Dieser Umstand erschwert ein verantwortungsbewusstes Konsumverhalten erheblich. Abhilfe schaffen können Labels, d.h. zusätzliche Kennzeichnungen auf einem Produkt. ↑
Labels
Labels bieten eine gewisse Orientierungshilfe
Um den Konsumenten eine gewisse Orientierung über die Umwelt- und Sozialverträglichkeit von Produkten zu geben, wurden eine Reihe von Labels entwickelt. Beispiele dafür sind z.B. Bio Knospe, Blauer Engel, Topten, Max Havelaar und viele andere. Fahrzeuge und Haushaltgeräte müssen zudem mit einer Energieetikette ausgerüstet sein, die u.a. den Energieverbrauch des Produkts aufzeigt. ↑
Nicht alle Labels bieten einen Mehrwert
Es gibt eine grosse Anzahl von Labels, die sich in ihrer Aussagekraft und Qualität teilweise erheblich unterscheiden. Es kann gar von einem eigentlichen ‚Label-Dschungel‘ gesprochen werden. Ohne Orientierungshilfe ist es den Konsumenten kaum möglich, sich hier zurechtzufinden. Weiterführende Informationen sowie einen guten Überblick über die wichtigsten Labels geben beispielsweise die Seiten von » Labelinfo.ch und » WWF. Wertvolle Analysen und Tipps bietet auch die Organisation » Public Eye. ↑
Bedürfnisse
Auch umwelt- und sozialgerechte Produkte verbrauchen Ressourcen
Der Konsum von Produkten und Dienstleistungen verschafft uns (mindestens vorübergehend) Befriedigung, hält die Wirtschaft am Laufen und schafft Arbeitsplätze. Auch umwelt- und sozialgerecht hergestellte Produkte und Dienstleistungen verbrauchen jedoch natürliche Ressourcen. ↑
Brauchen wir wirklich alles was wir uns leisten wollen?
Es stellt sich somit die Frage, ob wir immer alles brauchen, was wir uns leisten wollen und können, oder ob der Konsum nicht vielleicht manchmal eine reine Kompensationshandlung für fehlendes inneres Glück darstellt. Die nächste Frage wäre dann, was uns nachhaltig glücklich macht (siehe auch » Menschliche Antriebsfaktoren). ↑
Fazit
Wir Konsumenten haben Marktmacht
Was auf dem Markt nachgefragt wird, entscheiden wir Konsumenten. Mit dem Entscheid für ein Produkt entscheiden wir indirekt auch darüber, wie das Produkt entsteht, d.h. wo es unter welchen Arbeits- und Umweltbedingungen hergestellt wird. Wir prägen mit unseren Konsumentscheiden somit die Produktionsstrukturen und Herstellbedingungen der Wirtschaft als Ganzes. Wir haben als Konsumenten eine reale Marktmacht, die wir möglichst verantwortungsvoll ausüben sollten. ↑
Viele Konsumenten sind sich ihrer Verantwortung bewusst – aber…
Der Boom von Bioprodukten zeigt, dass eine signifikante Anzahl von Konsumenten zu einem verantwortungsbewussten Konsum grundsätzlich bereit ist. Bei teureren Gütern wie Kleidern, Elektronik oder Autos scheitert der gute Wille aber oft an der fehlenden Transparenz der Herstellbedingungen, der beschränkten Verfügbarkeit oder Qualität von Alternativprodukten sowie dem oft sehr grossen Preisunterschied. Kommt hinzu, dass viele Menschen wenig verdienen und mit ihrem Einkommen sparsam umgehen müssen. ↑
Es braucht griffige Rahmenbedingungen
Verantwortungsbewusstes Konsumverhalten müsste über entsprechende Rahmenbedingungen gefördert werden, wie z.B. wirksamen Umweltlenkungsabgaben oder einer Nachbelastung der kaufkraftbereinigten Sozial- und Umweltkosten auf allen importierten industriellen Halb- und Fertigfabrikaten (siehe auch » Rahmenbedingungen) ↑
Was macht uns im Leben wirklich glücklich?
Wir müssten uns auch vermehrt überlegen, was uns im Leben wirklich glücklich macht (siehe auch » Menschliche Antriebsfaktoren). ↑
Links
» WWF Schweiz (Ökolabels)