Weshalb ist ein interreligiöser Dialog notwendig?
Ein erheblicher Anteil der Konflikte auf dieser Welt hat eine religiöse Komponente
Ein erheblicher Anteil der Konflikte auf dieser Welt hat religiöse Wurzeln oder mindestens eine religiöse Komponente. Die Konfliktlinien verlaufen dabei nicht nur zwischen den grossen Weltreligionen, sondern auch innerhalb der einzelnen Religionen, wie beispielsweise die Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken in Irland sowie zwischen Sunniten und Schiiten im Irak zeigen. ↑
Die Gefahr von religiös motivierten Konflikten wird nicht kleiner
Im Zeitalter der Globalisierung und des Zusammenlebens verschiedener Kulturen und Religionen auf engem Raum steigt das Risiko von religiös motivierten Konflikten auch in Mitteleuropa. ↑
Gegenseitige Feindbilder erschweren das Zusammenleben
Oft basieren solche Konflikte auf einem falschen Bild, das sich die Konfliktparteien voneinander machen. Gefördert werden die gegenseitigen Feindbilder durch
- fehlendes Wissen sowohl über die eigene als auch über andere Religionen – und zwar in erster Linie der jeweiligen Theologen, Pfarrer, Priester, etc.,
- ungerechtfertigte Überlegenheitsgefühle sowie Absolutheits- und Machtansprüche religiöser Institutionen bzw. deren Exponenten,
- die gezielte Desinformation und Skandalisierung durch einzelne Medien,
- fehlender Integrationswille Zugezogener sowie
- die Taten einiger verblendeter Extremisten. ↑
Welches ist der Zweck eines interreligiösen Dialogs?
Hauptzweck: Friedliche Koexistenz
Von einem gesellschaftlichen Standpunkt aus besteht der Hauptzweck des interreligiösen Dialogs in einer friedlichen Koexistenz der verschiedenen Religionsgemeinschaften. ↑
Potenzial: Gegenseitige Bereicherung
Der interreligiöse Dialog kann aber bei entsprechender Offenheit der Teilnehmer viel weiter gehen: Über die Spiegelung der eigenen Position durch Dritte kann der eigene Weg an Klarheit und Tiefe gewinnen. Im besten Fall bereichern sich die verschiedenen religiösen Wege gegenseitig.
So wurden z.B. in den letzten Jahren im christlichen Umfeld die alten kontemplativen Wege wiederentdeckt, wohl nicht zuletzt unter dem Einfluss fernöstlicher Meditationspraktiken. Auf der anderen Seite hat der Dalai Lama einmal festgestellt, dass die tibetisch-buddhistische Welt im Hinblick auf das gelebte und institutionalisierte Mitgefühl vom Christentum noch viel lernen kann (und im Exil auch bereits viel gelernt hat). ↑
Aus einer mystisch-spirituellen Sicht dienen alle Religionen demselben Zweck, nämlich der Rück-Verbindung mit Gott bzw. dem Absoluten. Die verschiedenen Religionen bieten lediglich unterschiedliche Wege dorthin an. Alle diese Wege sowie die damit verbundenen Dogmen und Gebote sind jedoch, absolut gesehen, zu einem guten Teil sehr relativ. Religiöse Konflikte sind aus dieser Perspektive ein Zeichen für fehlendes Verständnis dafür, worum es beim Thema Religion wirklich geht.
Literatur
Margret Bürgisser, Interreligiöser Dialog, Grundlagen – Erfahrungen – Perspektiven, Bern: hep Verlag, 2009 ↑