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Die Heiligen Schriften

Wie sind die Heiligen Schriften entstanden? Was ist bei deren Auslegung zu beachten? Stellenwert von Sprache und Übersetzung? Wie sollen wir mit Heiligen Schriften umgehen?

Inhaltsverzeichnis

Grundfragen

Jede Religion kennt Heilige Schriften und eine ganze Reihe von mehr oder weniger anerkannten Auslegungstexten. Die Religionsstifter selbst haben keine Schriften hinterlassen. Ihre Lehren wurden mündlich überliefert und meist erst Generationen später schriftlich erfasst, teilweise nicht einmal in der Sprache der Lehrreden selbst (z.B. Neues Testament).

Die schriftliche Erfassung, Übersetzung und erst recht die Auslegung von Lehrreden, die vor langer Zeit in einem spezifischen sozialen, kulturellen und historischen Kontext gegeben wurden, ist eine grosse Herausforderung. Es stellen sich die folgenden Grundfragen:

  • Sind die Heiligen Schriften als Selbstoffenbarung des Absoluten zu verstehen (instruktionstheoretisches Verständnis) oder eher als von Menschen mit einer Inspiration des Absoluten erstellte Werke (Offenbarung im Sinne einer göttlichen Selbsterschliessung)?
  • Inwieweit geben die Heiligen Schriften die Lehren der Begründer vollständig und unverfälscht wieder? Wie gross ist die Verfälschung bzw. Verzerrung durch den Einfluss von Übertragung, Übersetzung und Redaktion?
  • Wie sind die Texte zu verstehen? Inwieweit sind die Texte zum Nennwert zu nehmen, was ist eher metaphorisch zu verstehen? Welche Aussagen haben einen schwergewichtig sozio-kulturellen Bezug, welche haben darüber hinaus Gültigkeit?
  • Wie ist mit den Heiligen Schriften in der Praxis umzugehen – kritisch hinterfragend bzw. auslegend, eher subjektiv-intuitiv im Sinne einer Offenbarung des Absoluten (Göttlichen) oder beide Methoden kombinierend? 

Die zentralen Inhalte von Heiligen Schriften

In der Regel finden sich die folgenden Elemente in den Heiligen Schriften, wobei die einzelnen Themen in den verschiedenen Religionen unterschiedlich ausgestaltet und gewichtet werden:

  • Aussagen über das Leben und die Botschaft des Religionsbegründers.
  • Aussagen über das Absolute.
  • Aussagen über den Zusammenhang bzw. das Zusammenspiel des Absoluten mit der Welt.
  • Aussagen über das Entstehen der Welt (Schöpfung) bzw. des (individuellen) Lebens.
  • Aussagen über den Zusammenhang zwischen unserem Verhalten und den Konsequenzen für unser Leben im Diesseits und im Jenseits bzw. in Folgeinkarnationen.
  • Verhaltensempfehlungen (was zu tun, was zu unterlassen ist).

Heilige Schriften dienen somit in erster Linie als Orientierungsrahmen und Lebenshilfe

Die Entstehung der Heiligen Schriften

Untersucht man die Umstände, die zum Entstehen der Heiligen Schriften geführt haben, werden einige grundlegende Probleme sichtbar, die im Folgenden ansatzweise dargestellt werden.

Schriftliche Niederlegung der Heiligen Schriften

Die Religionsbegründer selbst haben keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen. Ihre Lehren wurden (mit Ausnahme des Korans) erst nach ihrem Tod von Anhängern schriftlich niedergelegt und in Heiligen Schriften zusammengefasst, oft erst Generationen später und teilweise in einer anderen Sprache als die Lehrreden selbst (z.B. das Neue Testament). Die Niederschriften basieren also alle auf mündlichen Überlieferungen und haben in der Regel verschiedene Autoren.

Es stellt sich die Frage, inwieweit der innere Gehalt der ursprünglichen Lehrreden der Religionsbegründer in den Heiligen Schriften vollständig und korrekt wiedergegeben wird. 

Vermischung von Lehre, Geschichte und Legende

Aus den Heiligen Schriften lässt sich oft nicht eruieren, was die Religionsgründer in welchem Kontext gesagt, wie sie tatsächlich gelebt haben und was als Legende bzw. Metapher zu verstehen ist.

Im Christentum stellt sich beispielsweise die Frage, ob Jesus tatsächlich das Resultat einer unbefleckten Empfängnis war, ob er wirklich ledig geblieben ist und ob seine Wundertaten tatsächlich stattgefunden haben.

Wir wissen es nicht. Wir wissen nicht einmal mit historischer Sicherheit, ob Jesus als physische Person überhaupt je gelebt hat. Es ist aber nachvollziehbar, dass ein aus einer unbefleckten Empfängnis hervorgegangener Jesus, der selbst keine physischen Kinder gezeugt hat, als Christus bzw. Metapher für die Inkarnation des Göttlichen glaubwürdiger wirkt, als ein verheirateter Rabbi oder ein spirituell-politischer Führer eines unter einer Besatzungsmacht leidenden Volkes (was der geschichtliche Jesus möglicherweise war). So ist die jungfräuliche Geburt als Metapher bzw. mythisches Motiv auch in anderen, z.T. vorchristlichen Religionen und Kulturen zu finden. 

Der historische Kontext

Die Lehren sind immer in ihrem historischen und sozialen Kontext zu verstehen

Ein Lehrer bzw. Religionsgründer kann in einem spezifischen Kontext eine praktische Anweisung an einzelne Personen oder an eine Gruppe seiner Anhänger gegeben haben. Das muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass er allen heute lebenden Anhängern seiner Religion die gleichen Anweisungen geben würde, d.h. der Kontext konkreter Aussagen ist heute nicht mehr unbedingt gegeben. 

Beispiel: Auslegung des Korans

Ein aktuelles Beispiel ist die wörtliche Auslegung einzelner Koranverse durch Vertreter eines rückwärtsgewandten politischen Islams (Islamismus). Gemäss Mouhanad Khorchide muss zwischen zwei Arten von koranischen Versen unterschieden werden: „solchen, die an ihren historischen Kontext gebunden bleiben und solchen, die, obwohl sie zu einem bestimmten Anlass verkündet wurden, trotzdem als überzeitlich zu verstehen sind. Koranische Verse, die einen Bezug zu Sachverhalten haben, welche dem gesellschaftlichen Wandel unterliegen, müssen in ihrem historischen Kontext verstanden werden, um daraus allgemeine Prinzipien abzuleiten und nicht am Wortlaut des Textes hängen zu bleiben.“ Mouhanad Khorchide, Scharia – der missverstandene Gott, Seite 98

Dabei ist zu beachten, dass Mohammed im 7. Jahrhundert in einem von unserer Kultur gänzlich verschiedenen Kontext gewirkt hat und in Medina zudem eine Doppelrolle als Prophet und Herrscher innehatte.

NB. Der Koran wurde hier nur als ein Beispiel erwähnt. Analoge Betrachtungen lassen sich auch in den anderen Religionen anstellen. 

Sprache als Medium und Begrenzung

Wie kommuniziert man das Unaussprechliche?

Die Religionsstifter mussten ihre Einsicht in das Absolute und dessen Beziehung zur Welt ihrer Anhänger in eine Sprache bringen, die für die Zuhörer in ihrem jeweiligen Kontext (Kultur, Sprache, geistige Voraussetzungen) nachvollziehbar war.

Da das Absolute und seine Beziehung zu dem was ist nicht zum allgemein Erfahrbaren gehören, besteht auch keine Sprache dafür. Eine Möglichkeit, mit diesem Problem umzugehen, waren auf den spezifischen geschichtlichen, sozialen und kulturellen Kontext der Zuhörer bezogene Metaphern, Denkmodelle und Geschichten, wie sie in den Heiligen Schriften zu finden sind. 

Schweigen als Alternative

Eine andere Möglichkeit würde darin bestehen zu schweigen und alleine durch seine Präsenz zu wirken, wie dies z.B. der indische Guru Meher Baba 44 Jahre lang praktiziert hat. Dies dürfte jedoch nur für wenige Menschen ein gangbarer Weg sein. 

Anpassung an den jeweiligen kulturellen Kontext

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit sich die Unterschiede in den Lehren der Religionsbegründer durch die Anpassung der Kommunikation an den jeweiligen kulturellen Kontext erklären lassen. Wie würden Buddha, Jesus, Krishna oder Mohammed ihre Lehre heute darlegen? 

Übersetzungen als mögliche Quelle von Ungenauigkeiten

Texte lassen sich nicht 1:1 in eine andere Sprache übersetzen

Die Übersetzung von religiösen Texten aus alten Sprachen stellt eine grosse Herausforderung dar. Da eine Sprache nicht von ihrem kulturellen Kontext zu trennen ist und diese Kontexte sehr unterschiedlich sind, lassen sich Texte grundsätzlich nie 1:1 übersetzen. Die Definitionen von Begriffen in verschiedenen Sprachen entsprechen sich nie zu hundert Prozent und verändern sich zudem über die Zeit. 

Wie werden metaphorische Texte aus einem nicht vollständig bekannten Kontext übersetzt?

Die sinngemässe Übersetzung eines Textes aus einer von uns stark verschiedenen Kultur stellt deshalb an sich schon eine grosse Herausforderung dar. Erschwert wird dies noch dadurch, dass religiöse Texte oft von Erfahrungen und Zusammenhängen handeln, die nur für wenige Menschen überhaupt nachvollziehbar sind. Die alten Texte enthalten zudem viele Metaphern, die aus einem uns fremden, unter Umständen kaum nachvollziehbaren kulturellen Kontext stammen und deshalb in ihrem inneren Gehalt schwer zu verstehen sind. 

Bei jeder Übersetzung geht innerer Gehalt verloren

Es ist davon auszugehen, dass bei jeder Übersetzung ein gewisser Anteil an innerem Gehalt verloren geht bzw. verfälscht wird. Aus dieser Einsicht heraus wird z.B. in der islamischen Welt das Studium des Korans in arabischer Sprache gefördert.

Jesus hat mit grosser Wahrscheinlichkeit in Aramäisch gepredigt. Die meisten Texte des Neuen Testaments wurden aber in Griechisch niedergeschrieben, der damaligen Weltsprache. Bis ein biblischer Text in einer modernen Sprache vorliegt, muss die Lehre Jesu‘ also zwei Mal übersetzt werden, d.h. es besteht zwei Mal die Möglichkeit, dass innerer Gehalt verloren geht bzw. verfälscht wird.

In diesem Zusammenhang sind die Versuche von Sprachwissenschaftlern interessant, die griechischen Originaltexte ins Aramäische zurückzuübersetzen und von dort direkt in eine moderne Sprache zu überführen. Die Texte sind oft kaum wiederzuerkennen und erhalten teilweise einen ganz anderen Sinn. 

Der offizielle Kanon – eine bewusste (Nicht-)Wahl

Die Definition des offiziell geltenden Kanons an Heiligen Schriften war oft ein längerer, im Christentum beispielsweise Jahrhunderte dauernder Prozess. Im Laufe dieses Prozesses wurde eine bewusste Auswahl an Texten getroffen, die ins Neue Testament eingegliedert wurden. Alle anderen in Frage kommenden Texte (Apokryphen) wurden aus verschiedenen Gründen explizit ausgeschlossen, als Häresie verurteilt und mussten vernichtet werden. Verschiedene dieser Texte sind dennoch erhalten geblieben (z.B. die Rollen von Nag Hammadi) und ermöglichen eine andere bzw. erweiterte Sicht der Dinge.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit der innere Gehalt der Lehren der Religionsbegründer durch die getroffene Auswahl an Schriften korrekt und vollständig wiedergegeben wird. 

Schlussfolgerungen

Anhand dieser Überlegungen lassen sich die ersten drei Grundfragen wie folgt beantworten:

  • Es ist nicht davon auszugehen, dass die Heiligen Schriften Selbstoffenbarungen des Absoluten darstellen. Dazu ist ihre Entstehungsgeschichte zu stark von menschlichen Einflüssen, ja oft genug von eigentlichen Machenschaften, geprägt. Die Heiligen Schriften können im besten Fall als teilweise vom Absoluten inspirierte menschliche Produkte angesehen werden. Als solches kann aber keine Heilige Schrift für sich alleine einem absoluten und vollständigen Wahrheitsanspruch genügen. Entsprechende Absolutheitsansprüche haben deshalb keine Basis.
  • Angesichts ihrer Entstehungsgeschichte sind erhebliche Zweifel angebracht, ob die heute verfügbaren Heiligen Schriften die Lehren der Religionsbegründer authentisch und vollständig wiedergeben. Auch inwieweit sie den Sinn bzw. inneren Gehalt der Lehren vollständig und korrekt wiedergeben, lässt sich nicht feststellen.
  • Es ist davon auszugehen, dass viele Aussagen in den verschiedenen Heiligen Schriften kontextbezogen und metaphorisch zu verstehen sind. Um welche Stellen es sich dabei konkret handelt, muss jeweils im Einzelfall geklärt werden. 

Die Auslegung der Heiligen Schriften

Auslegende Schriften

Nach und nach entstanden in allen Religionen Texte zur Auslegung der Heiligen Schriften und deren Umsetzung in den Alltag. Gerade bei der Umsetzung in den Alltag ist die Unterscheidung zwischen Religion und Tradition manchmal schwierig (siehe die Kopftuchdebatte). 

Beschränkte Einsicht der Autoren in Gott und sein Wirken

Die auslegenden Texte wurden bzw. werden von Menschen erstellt, die in aller Regel nur eine beschränkte Einsicht in Gott bzw. das Absolute und sein Wirken haben. Zudem verfolgen sie oft entweder einen politisch-traditionalistischen oder stark analytisch-intellektuellen Ansatz in der Interpretation von Heiligen Schriften und theologischen Texten anderer Autoren. Eine Folge davon ist die Aufsplitterung in verschiedene Religionen, Konfessionen und Schulen.

Das Absolute und seine Beziehung zur Schöpfung werden deshalb in den theologischen Grundlagen der verschiedenen Religionen, ja sogar der einzelnen Schulen innerhalb der einzelnen Religionen, sehr unterschiedlich dargestellt und bis heute kontrovers diskutiert.

Dieser Prozess hat jeweils früh eingesetzt. Es wird z.B. gesagt, dass bereits kurz nach Buddhas Ableben 19 verschiedene von direkten Schülern des Buddha gegründete Schulen existierten, die alle für sich beanspruchten, die Lehren des Buddha richtig wiederzugeben. Die Christliche Theologie wurde im Wesentlichen von Personen geprägt, die Jesus nie gekannt haben. 

Die Diskussionen von Theologen sind, etwas überspitzt formuliert, vergleichbar mit den Bemühungen, die Geschmackserfahrung von Schokolade aus einer Reihe von Fachbüchern über Schokolade herleiten zu wollen und darüber kontroverse Diskussionen zu führen sowie ganze Bibliotheken von Büchern zu verfassen – ohne je Schokolade gekostet zu haben.

Wie sollen wir mit Heiligen Schriften umgehen?

Wortgetreues Verstehen

Wortgetreues Verstehen kann zu ethisch fragwürdigem Verhalten führen

Die Vertreter dieser Sichtweise stellen sich in der Regel auf den Standpunkt, dass die jeweiligen Heiligen Schriften als direkte Offenbarung des Absoluten wortwörtlich zu verstehen sind. Aus den oben stehenden Schlussfolgerungen lässt sich freilich ableiten, dass eine wortwörtliche Interpretation der Schriften als grundsätzlich problematisch anzusehen ist. Das ist v.a. dann der Fall, wenn daraus Handlungsweisen abgeleitet bzw. gerechtfertigt werden, die als ethisch fragwürdig anzusehen sind, wie z.B. die im Koran stehende Forderung, die Ungläubigen zu vernichten, anstatt das Ungläubige bzw. Unerlöste in sich selbst zu bekämpfen und zu überwinden. Analoge Beispiele lassen sich auch in den anderen Religionen finden. 

Absolutheitsansprüche sind im Kontext zu verstehen

In das gleiche Kapitel fallen Absolutheitsansprüche. Die exklusivistische Position, dass das Christentum allen anderen Religionen überlegen ist und als einzige wirklich zu Gott führt, ist mit Bibelzitaten einfach zu untermauern (z.B. Joh. 3,18; 3,36 oder 14,6). Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch immer die Frage nicht nur nach der Authentizität solcher Aussagen, sondern auch nach dem genauen Wortlaut und dem Kontext, in dem solche Aussagen entstanden sind. Wenn z.B. Jesus vor rund 2000 Jahren in Palästina verkündet haben sollte, dass Er „der Weg…“ ist, so war das im gegebenen Kontext sicher richtig, denn seine Zuhörer hatten ja keine Möglichkeit, z.B. mit den Lehren des Buddha in Kontakt zu kommen, und Mohammed war noch nicht geboren. 

Die Entstehungsgeschichte von Heiligen Schriften spricht nicht für ein wortgetreues Verständnis

Ein wortgetreues Verständnis der Heiligen Schriften ist auch unter dem Gesichtspunkt deren Entstehungsgeschichte (siehe oben) fragwürdig. Versteht man, wie beispielsweise Yogananda das tut, ‚Christus‘ als Metapher für das universelle Christusbewusstsein und setzt dieses gleich dem göttlichen Funken, der Buddhanatur oder dem Atman, so erhalten die Aussagen in Joh. 3.36 und 14.6 einen universellen Sinn. 

Kritisch hinterfragendes Verstehen – Exegese

Unter den Gelehrten der Weltreligionen ist ein kritisch hinterfragendes und auslegendes Verständnis der Heiligen Schriften üblich. Dies erscheint angesichts der oben genannten Umstände, die zu den Heiligen Schriften geführt haben, ein sinnvoller Ansatz zu sein.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch die entscheidende Frage, nach welchen Kriterien eine Auslegung zu beurteilen ist. Wie kann heute festgestellt werden, inwieweit eine spezifische Auslegung der Intention des Religionsstifters entspricht?

Es gibt grundsätzlich kein allgemein akzeptiertes Kriterienraster, wonach eine Auslegung beurteilt werden könnte. Jede Auslegung ist daher mit erheblichen Unsicherheiten verbunden und hat tendenziell spekulativen Charakter. Auch eine historisch-kritische Analyse von einzelnen Texten aus den Heiligen Schriften stellt keine Interpretation im Sinne des Religionsstifters sicher. 

Intuitives Verstehen

Die Erfahrung mit Heiligen Schriften zeigt, dass sich die volle Tiefe eines Textes oft erst bei wiederholtem Lesen und anschliessender Meditation erschliesst. Mystiker sprechen davon, einen spirituellen Text zu ‚essen‘ bzw. so lange ‚wiederzukäuen‘, bis eine innere Erkenntnis aus dem Text erwächst.

Weder eine dogmatische oder rein rationale, historisch-kritische Exegese können deshalb z.B. der Bibel als Quelle der spirituellen Inspiration gerecht werden. Eine Grundproblematik dieses Ansatzes ist freilich, dass das intuitive Verständnis subjektiv und damit in einem Dialog schwer kommunizierbar ist. 

Schlussfolgerung

In der Praxis scheint eine ausgewogene Kombination aus intuitivem und kritisch hinterfragendem Verstehen der Heiligen Schriften ein vernünftiger Ansatz zu sein

Literatur

Jörns Klaus-Peter, Notwendige Abschiede – Auf dem Weg zu einem glaubwürdigen Christentum, Gütersloher Verlagshaus, 2004

Khorchide Mouhanad, Scharia – der missverstandene Gott – Der Weg zu einer modernen islamischen Ethik, Herder, 2013